Mein Impf-Highlight
Von Pieks und Peaks
Jaaa, wer geht schon gerne zum Impfen? Mal abgesehen davon, dass ein Pieks zur Zeit offenbar eine ganze Bevölkerung spalten kann, steht jetzt Impfen auch nicht grad auf meiner «vor-Begeisterung-in-die-Luft-hüpf»- To-Do-Liste. Ich bin zwar ziemlich impfgeprüft, muss ich sagen. Weil ich für meine Buchrecherchen schon bis ans Ende der Welt gereist bin, bin ich so ziemlich gegen alles geimpft, gegen alle Mücken und Moskitos, gegen Rot-, Gelb-, Grün-, Blaufieber, gegen Tetanus, Tinitus, Kakadus… und wie sie alle heissen oder auch nicht. Als ich mich bei meiner letzten Reise nach Angola nochmals gegen irgendetwas impfen lassen musste, betrachtete meine Ärztin kopfschüttelnd mein Impfbüchlein und meinte: «Das habe ich auch noch nie gesehen. Sie sind tatsächlich gegen alles geimpft, wogegen man sich impfen lassen kann! Fehlen eigentlich nur noch die Zecken.» Also liess ich mich auch noch gegen die Zecken impfen, nur der Vollständigkeit halber. Danach war mein Impfbüchlein endgültig voll.
Im Juni ging ich dann nach Affoltern für meine erste Corona-Impfung. Und diese Impfung werde ich mein Leben lang nicht vergessen… Das kam so:
Ich hatte eine echt miese Woche hinter mir. Ich war in eine sehr unangenehme Lage geraten und hatte deswegen eine harte und unbequeme Entscheidung treffen müssen. Eigentlich war die Sache soweit erledigt, aber ich war deswegen noch immer sehr aufgewühlt. Ich hatte schlaflose Nächte, ich hinterfragte meine Entscheidung, meine Gedanken rotierten und rotierten. Ich ärgerte mich über mich selbst, dass diese Sache mich so gefangennahm. Im Vergleich zu den Pfeilen, die mir früher Tag für Tag um die Ohren schossen (wer meine Biografie gelesen hat, weiss, wovon ich rede), war diese Sache nicht viel mehr als ein Mückenstich, ein kleiner Pieks, nicht der Rede wert. Und dennoch war es für mich eine Riesensache, wühlte mich total auf und brachte mich eine ganze Woche lang völlig aus dem Konzept. Es kam mir vor, als wäre mein Nervenkostüm in den vergangenen Jahren extrem dünn geworden, als hätten all die Probleme, mit denen ich über all die Jahre zu kämpfen gehabt hatte, meine Nerven so durchgescheuert, dass es nur noch einen kleinen Pieks brauchte, um mich aus der Bahn zu werfen. Es nervte mich, dass ich keine Nerven aus Stahl mehr hatte und nicht mal mehr in der Lage war, es mit einem Problem von der Grösse eines Mückenstichs aufzunehmen. Früher hatte ich mutig gegen Riesen gekämpft. Und heute waren mir schon kleine Pieks zuviel und wuchsen in meinem Inneren zu gigantischen Peaks heran? Wie würde das noch enden? Ich war so enttäuscht von mir selber, und schon wieder drehten sich meine Gedanken um diese eine Sache, und ich grübelte über meine Entscheidung nach, während ich trübsinnig auf das Impfzentrum zuschlurfte.
Vor dem Impfzentrum setzte ich die blaue Maske auf und streckte dem Security meinen Ausweis entgegen. Er nahm ihn, sah zwischen dem Ausweis und mir hin und her und sagte plötzlich: «Sind Sie Damaris Kofmehl?» «Ja», sagte ich. «Die Schriftstellerin?!» Ich sah ihn verdutzt an. «Ja, die bin ich.» Seine Augen strahlten. «Ich habe alle Ihre Bücher gelesen! Sie sind meine Lieblingsschriftstellerin!» «Was?» Er war auf einmal ganz aus dem Häuschen und schwärmte vor, wie er meine Bücher liebe und gerade meine Biografie gelesen hätte und das wäre ja voll krass, was ich alles erlebt hatte und es wäre so cool, dass er mich hier treffe und was ich denn als nächstes schreiben würde und… er hörte gar nicht mehr auf zu reden, und meine Stimmung wurde zunehmends besser. War das eine freudige Begegnung! So etwas passiert einem weiss Gott nicht alle Tage, und dann noch vor dem Impfzentrum! Es kam mir vor, als wolle Gott mich aufmuntern, damit ich aufhörte zu brüten und wieder fröhlich war. Nun, es war ihm voll gelungen, und ich ging total beschwingt ins Impfzentrum und wartete, bis ich aufgerufen wurde.
Ich hatte mich noch keine Minute lang gesetzt, als ich schon an der Reihe war. Ein Mann führte mich in die Impfkabine, und als ich eintrat, erwartete mich bereits die nächste Überraschung: Eine quirlige blauhaarige Impfassistentin musterte mich durch ihre Brille und rief begeistert: «Ich fass es nicht! Bist du Damaris Kofmehl?!» «Äh… ja», antwortete ich, und da flippte die Frau beinahe aus. «Oh mein Gott! Ich impfe Damaris Kofmehl! Du bist meine absolute Lieblingsschriftstellerin! Ich habe alle deine Bücher gelesen! Ich fass es nicht, ich fass es nicht! Wir müssen ein Foto zusammen machen! Oh, ist das eine Freude! Ich bin ganz aufgeregt!» Sie sprudelte los und fragte mich über meine Biografie aus und vergass vor lauter Aufregung beinahe, dass ich ja eigentlich zum Impfen gekommen war. Nachdem sie mich schliesslich gepiekst hatte, machten wir ein Foto zusammen, bevor ich ihre Kabine wieder verliess.
Ich war total platt. Erst der Security, und jetzt auch noch die Frau, die mich impfte?! Zwei Fans innerhalb von fünf Minuten?! Im Impfzentrum?!!! Also Gott zog heute echt alle Register, um mich wieder fröhlich zu machen! Was für ein Highlight! Ich schwebte beinahe aus dem Impfzentrum heraus. Den Pieks an meinem Arm spürte ich kaum. Alles, woran ich denken konnte, war, wie Gott mir diese beiden Fans über den Weg geschickt hatte, um mich aufzuheitern und mich daran zu erinnern, was wirklich zählte: Ich sollte nicht darüber nachgrübeln, warum ich nicht mehr so viel ertragen konnte wie früher. Er wusste doch genau, was für «Pieks» er mir zumuten konnte und was für «Nebenwirkungen» sie mit sich brachten. Und er würde mich niemals damit überfordern. Stattdessen sollte ich mich einfach daran freuen, dass meine Bücher und mein Leben andere inspirierte, so wie ich es gerade eben doppelt (!) erlebt hatte. Gott ist einfach gut! Und wenn auch du so manche Pieks in deinem Leben hast, von denen manche sich eher wie Keulenschläge, wie Peaks anfühlen, vergiss nie: Jesus weiss es und du kannst damit jederzeit zu ihm kommen und er wird dich trösten und wieder aufrichten. Halleluja!
«Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.» (1. Petrus 5,7)
Mit Power & Love
Damaris